Banken unter Druck

Gibt’s bald keine kostenlosen Girokonten mehr?

von Nils Matthiesen

Die niedrigen Leitzinsen bringen die Banken unter Zugzwang. Die Gebühren steigen und auch kostenlose Girokonten gibt es immer weniger.

Unser Bundesfinanzminister sieht dunkle Wolken am Bankenhimmel aufziehen. Es drohen negative Leitzinsen, was bedeutet, dass du künftig für jeden Euro Zinsen zahlst statt kassierst, wenn du Geld auf deinem Girokonto, Sparkonto oder Tagesgeldkonto parkst. Genau das will Olaf Scholz verhindern.

Sein Plan: Er will Kleinsparer vor Strafzinsen schützen. Zumindest lässt er derzeit prüfen, ob das rechtlich überhaupt zulässig wäre. Damit stößt Scholz ins gleiche Horn wie CSU-Chef Markus Söder, der unlängst eine Bundesratsinitiative angekündigte, damit Beträge bis 100.000 Euro generell von Strafzinsen ausgenommen werden. Aus seiner Sicht müsse ein Verbot her, das Banken verbietet, Negativzinsen auf Kleinsparer umzulegen. Die Banken müssten ihre Kosten einfach anders ausgleichen.

Banking immer teurer

Abgesehen davon, dass es rechtlich in der Tat heikel ist, wenn die Politik den Banken vorschreibt, wie sie ihre Geschäfte zu erledigen haben und damit noch mehr Banken in Schieflage geraten würden, wäre so ein Instrument in der Praxis höchstwahrscheinlich unwirksam. Denn die Banken würden sich das Geld dann wahrscheinlich auf andere Weise beschaffen. Schließlich haben viele Banken schon längst damit begonnen, still und heimlich an der Gebührenschraube zu drehen. Vor allem offline- Leistungen, werden immer teurer, ergab eine aktuelle Untersuchung von Finanztest. Stephanie Pallasch von Finanztest erklärt, es gebe vor allem häufig eine Erhöhung der Gebühren für Überweisungen in Papierform und beim Telefonservice.

  • Bis zu 4,90 Euro kostet eine Überweisung auf Papier
  • Telefonate mit einem Kundenberater kosten mitunter bis zu 3,50 Euro pro Telefonat
  • Einige Online- und Direktbanken verlangen Gebühren fürs Geld abheben per Girocard. Gebührenfreies Bargeld gibt es bei manchen Instituten nur mit Kreditkarte

Weniger Gratis-Girokonten

Dazu kommt: Nur noch 22 von rund 290 Kontomodellen bei 122 Geldhäusern sind gratis. Bei den 22 Angeboten gibt es keinen monatlichen Grundpreis, alle Onlinebuchungen sind inklusive, die Girocard ist kostenlos. Darunter sind zum Beispiel bestimmte Girokonten bei der ING oder N26. Voraussetzung: Kunden führen dieses Konto online und nutzen es als Gehalts- oder Rentenkonto. Vor der Finanzkrise im Jahr 2008 habe es noch deutlich mehr kostenlose Girokonten gegeben, so Stephanie Pallasch von Finanztest: „Sie dienten in erster Linie der Kundengewinnung. Denn, wenn der Kunde als einziges Produkt nur ein kostenloses Girokonto hat, kann sich das nicht rechnen. Dahinter steckt eine Dienstleistung, die Banken und Sparkassen Geld kostet.“

Wechsel schnell erledigt

Das Bankkonto wechseln die Kunden eben nicht so schnell wie den Stromanbieter oder die Autoversicherung, so das Kalkül hinter den Gebührenerhöhungen. In der Tat schrecken viele Leute vor einem Kontowechsel zurück, weil sie viel Arbeit und Chaos befürchten. Einzugsermächtigungen umstellen, Daueraufträge ändern und dem Arbeitgeber Bescheid geben – das hört sich nach viel Papierkram an. Doch inzwischen ist das (fast) alles kein Thema mehr. Denn seit 2016 müssen alle Banken in der Europäischen Union einen Girokontowechsel-Service anbieten, so schreibt es die Zahlungskontenrichtlinie (ZKRL) vor. Besonders einfach klappt’s, wenn Banken einen Kontowechsel-Service anbieten. In diesem läuft alles digital ab und ist in wenigen Minuten erledigt. Nur die Daueraufträge musst du neu einrichten.

ein Artikel von
Nils Matthiesen
Nils ist Journalist, Texter und einer der ersten Digital Natives. Er beschäftigt sich schon seit über 20 Jahren mit den Themen Vorsorge, Geldanlage und Börse. Persönlich setzt er inzwischen mehr auf Fonds-Sparpläne als aktives Aktien-Picking.