Chinas Handelsriese

Alibaba – Wie Amazon, nur anders

von Moritz Weinstock

Nur die wenigsten Deutschen haben bisher Bekanntschaft mit Chinas größtem Online-Handelsplatz Alibaba gemacht. Dabei lohnt sich ein genauer Blick auf den Handelsriesen. ZASTER verrät dir, was hinter dem Milliardenkonzern steckt – und erklärt, was du beim Kauf über dessen Plattformen beachten musst.

Global trade starts here“ prangt es groß unter dem Logo der Online-Verkaufsplattform Alibaba – und die Zahlen geben recht. Allein am sogenannten „Singles-Day“, dem jährlich am 11. November offiziell in China zelebrierten Tag zur Feier aller Alleinstehenden, wurden 2016 mehr als 675 Millionen Bestellungen aufgegeben. Zum Vergleich: der Amazon Prime Day, eine Art Black Friday für Prime-Kunden, brachte es im selben Jahr lediglich auf 20 Millionen Verkäufe. Knapp 9.500 Bestellungen pro Sekunde vs. 300 – und das auf nur einer der vielen Verkaufsplattformen der Alibaba Group.

So groß ist Alibaba wirklich

Zu dem von Jack Ma 1999 in Hangzhou, China gegründeten Unternehmen gehört mittlerweile ein wahres Imperium an Tochterfirmen. Wie eine immerhungrige Krake hat sich Alibaba in den vergangenen 20 Jahren in viele neue Bereiche vorgewagt und ist so zu Chinas bedeutendstem Konzern geworden. Das Spektrum reicht vom eigenen Online-Kartendienst amap.com (vergleichbar mit Google Maps) über den PayPal-haften Bezahlservice Alipay, bis hin zu den Verkaufsportalen Aliexpress (weltweit) und Taobao (China), die mit Ebay zu vergleichen sind. Alles, was sich auch nur im entferntesten mit dem Internet in Verbindung bringen lässt, wurde bei Alibaba zum Geschäftsmodell – Reiseplattform (Alitrip), Cloud-Computing (Aliyun) und eigene Ausbildungsstätten zum Thema e-commerce inklusive.

Gründer mit Visionen

Anders als Amazon bietet Alibaba vor allem strukturelle Lösungen zur Vernetzung der Geschäftswelt an. Waren werden nicht gelagert und auch das Thema Versand gehört nicht zum Geschäftsmodell des Konzerns. Das war von Anfang an so. Bereits im Gründungsjahr 1999 war für Jack Ma und seine 18 Kompagnons klar, dass sich die klassische Handels-und Kommunikationswelt durch das Internet grundlegend verändern wird. Amazon (1994) und Ebay (1995) hatten bereits Ideen für die westliche Geschäftswelt parat. In China gab es nichts Vergleichbares – eine gute Ausgangssituation für Alibaba und eine Chance, die Dinge anders anzugehen.

Erst der Kunde, dann der Mitarbeiter, dann der Aktionär

2007 ging Alibaba in Hongkong an die Börse – und es hätte kaum besser laufen können. Bereits am ersten Tag schoss die Aktie pro Stück von 13,50 auf 39,50 Hongkong-Dollar. Doch der Trend hielt nicht lange an, was auch an der Politik von Gründer Jack Ma lag, der stets nach der Maxime handelte: „erst der Kunde, dann der Mitarbeiter, dann der Aktionär“. So korrigierte er die Preise auf seiner Handelsplattform im Zuge der herannahenden Finanzkrise 2012 um 60 Prozent nach unten. Das kurbelte zwar das Geschäft an, die Aktionäre sprangen aber Reihenweise ab und der Aktienkurs brach ein. Schlussendlich entschied sich Ma 2012 dazu, wieder Abstand von der Börse zu nehmen, um sich auch vom Marktdruck und den Erwartungshaltungen der Investoren zu befreien.

Erfolg auf den zweiten Versuch

Erst zwei Jahre später wagte Alibaba einen neuen Versuch an der New York Stock Exchange. Seitdem verläuft der Kurs fast durchgehend positiv. Derzeit steht der Wert einer Aktie bei rund 177 Dollar und auch die aktuellen Geschäftszahlen belegen ein Wachstum, das Amazon gefährlich werden könnte. Grund dafür ist die völlig andere Geschäftsstrategie sowie eine zunehmende Ausdehnung in den europäischen Markt. Mit der auf den weltweiten Verkauf ausgelegten Plattform Aliexpress ist es beispielsweise chinesischen Verkäufern seit 2010 möglich, Waren in über 150 Ländern anzubieten.

Doch Vorsicht!

Für Kunden aus Europa und Deutschland bergen die Verkaufsplattformen Alibaba und Aliexpress allerdings noch Risiken. Zwar bieten sie einen umfangreichen Käuferschutz und auch die angebotenen Bezahlungsmethoden bis hin zum Firmeneigenen Alipay gewähren ein gewisses Maß an Sicherheit. Doch die Überprüfungsmechanismen zur Anmeldung neuer Händler sind schwach. Noch haben Betrüger leichtes Spiel, sich mit Lockangeboten auf den Plattformen zu positionieren und Käufer in die Irre zu führen. Auch gefälschte Ware findet sich dort immer wieder und nicht selten wird nach Bezahlung gar nicht erst versendet.

Nicht am selben Tag

Zudem sind lange Lieferzeiten aus China sowie Gebühren bei der Wareneinfuhr mit einzukalkulieren. Für die Höhe der Zollgebühren ist generell der Warenwert entscheidend. Waren bis 22 Euro sind in Deutschland zollfrei. Waren bis 150 Euro werden mit der regulären Einfuhrumsatzsteuer von 19 % belastet. Darüber hinaus gelten besondere Zollsätze für verschiedene Arten von Waren. Eine grobe Übersicht findest du HIER.

Übrigens:

„Stellt der Zoll Fälschungen im Postverkehr fest, wird die Ware beschlagnahmt. Möglich sind auch Schadensersatzforderungen des Originalherstellers.“

Deutscher Zoll

Letzteres ist aber eher unwahrscheinlich, da die Originalhersteller meist an den großen Fischen interessiert sind und nicht dich, den betrogenen Kunden im Visier haben. Vorsicht sei dennoch geboten, behalte dir eine gesunde Grundskepsis zu den oft supergünstigen Preisen bei – vor allem bei Elektronikartikeln und Markenprodukten von Apple, Nike und Co.

ein Artikel von
Moritz Weinstock
Moritz hat Kommunikationswissenschaften in Wien studiert und seine Leidenschaft fürs Schreiben mit nach Berlin gebracht. Nach lehrreichen Jahren als Redakteur bei einem Motorradmagazin, ist er nun als Channel-Editor für ZASTER tätig. Sein Zugang zur Wirtschaftswelt: er lebt auf zehn Quadratmetern und spart, was das Zeug hält.